Der Schrecken der Gänse, Vergrämen.

Anita Pistor Wer auf dem Golfplatz unterwegs ist, ist mitten in der Natur. Jeder Golfer erfreut sich an einem gut gepflegten Platz und ebenso an Flora und Fauna. Na ja, meistens jedenfalls. Denn ab und zu ärgert man sich doch über den ein oder anderen tierischen Gast. Und besonders groß ist der Ärger, wenn man an die Kanada-Gans denkt! Das Problem sind nicht die Gänse selbst, sondern ihre Hinterlassenschaften, also der Kot. Aber es gibt Mittel und Wege, diesen Dreckspatz zu vertreiben. Darüber haben wir mit Falknerin Anita Pistor gesprochen, die seit Mitte November auf dem Rittergut Birkhof Vergrämungsmaßnahmen durchführt.


Frau Pistor, als Laie stolpert man ja direkt über den Begriff „Vergrämen“ – was genau bedeutet das?

Anita Pistor: Unter Vergrämen versteht man das dauerhafte Vertreiben von Wildtieren. Wichtig: Dabei werden die Tiere verscheucht, nicht getötet!

Falknerin mit Bussard

Und das Verscheuchen reicht aus?

Anita Pistor: Ja, die Gänse mögen es nicht, wenn sie gestört werden, dieses ewige Aufgescheuche ist nichts für sie. Sie haben lieber ihre Ruhe. Und wenn sich die Gänse durch die Vergrämungsmaßnahmen gestresst fühlen, suchen sie das Weite. Das Weite kann aber recht nah liegen, sie fliegen nicht 100 Kilometer weit weg. Hauptsache, sie finden irgendwo ein Gewässer – das Wasser dient ihnen nämlich nachts als Schlafplatz, hier sind sie sicher vor Füchsen.

Wie werden die Gänse denn vergrämt?

Ich mache das natürlich nicht allein, wir sind ein Quartett. Im Einsatz sind Lilly und Silver, zwei Harris Hawks, besser bekannt als Bussarde. Die beiden scheuchen die Gänse auf. Wir nutzen hier die natürliche Angst der Vögel vor ihren Fressfeinden, in der Natur sind die Gänse schließlich Beute von Raubvögeln. Dritter im Bunde ist Jagdhund Wido, ein Braque Francais des Pyrénées. Wenn sich die Gänse vor den Bussarden auf dem Wasser in Sicherheit bringen wollen, scheucht er sie wieder raus. Wenn wir das regelmäßig machen, geben die Gänse irgendwann auf und suchen sich ein neues, ein ruhigeres Zuhause. Gänse sind schlau, deshalb komme ich an unterschiedlichen Tagen zu unterschiedlichen Uhrzeiten, je nach Jahreszeit zwischen 6.00 und 21.30 Uhr. In der Regel sind wir 3-4 Stunden unterwegs. Die anstehenden Termine sind übrigens immer online unter „Aktuelles/Vergrämungsmaßnahmen“ einzusehen.

Hund und Bussard bei der Arbeit

Und die Bussarde töten die Gänse nicht?

Nein, das Aufscheuchen reicht völlig. Lilly und Silver sind auf diese Aufgabe trainiert. Die Vögel bleiben die ersten drei Monate bei ihren Eltern, dann werden sie zwei Monate an ihren Menschen gewöhnt. Die Ausbildung beginnt im ersten Lebensjahr. Dabei werden die Vögel auf ein bestimmtes Beutetier, z.B. die Gans, geprägt. Sie merken sich: Gänse machen mich satt – sie fressen die Gans zwar nicht, bekommen aber eine leckere Belohnung, wenn sie auf meine Faust zurückkehren. Ich rufe sie übrigens mit einer Trillerpfeife zurück. Man muss nur aufpassen, dass man den Vogel nicht satt füttert, sonst setzt er sich in einen Baum und hat keine Lust mehr. Und dann sitzt er im Baum, ich unterm Baum – und das ist doof.

Bekommt Wido auch eine Belohnung?

Na klar, aber erst nach der Arbeit, also ganz am Ende der Runde. Ich habe immer ein Leberwurstschnittchen für ihn dabei. Wido ist jagdlich ausgebildet. Er muss sich abpfeifen lassen – muss also bei einem Pfiff sofort im vollen Lauf stoppen und zurückkommen. Das ist gerade auf dem Golfplatz wichtig, denn hier gibt es ja auch Hasen und Enten. Der Hund muss wissen: Hasen und Enten haben mich nicht zu interessieren. Ich habe nur einen Auftrag, und der lautet: Gänse jagen!

Jagdhund Wido im Wasser

Woher stammt eigentlich ihre Leidenschaft für die Falknerei?

Ich bin mit der Jagd aufgewachsen, mein Vater war passionierter Jäger und hat meine Schwester und mich immer mitgenommen. Schließlich habe ich den Jagdschein gemacht und bin dann durch meine Schwester zur Falknerei gekommen. Mittlerweile bin seit 10 Jahren Falknerin. Und weil ich selbst leidenschaftliche Golferin bin, lag der Gedanke nahe, mit den Bussarden für saubere Golfplätze zu sorgen.

Wie reagieren denn die Golfer auf Ihre Arbeit?

Sehr positiv. Die Menschen sind dafür, dass man gegen die Gänse vorgeht und finden es gut, dass die Gänse nicht getötet werden müssen. Der Vorteil ist ja auch, dass ich im laufenden Golfbetrieb unterwegs sein kann, durch meine Arbeit störe ich niemanden. Ich bin jetzt seit zirka drei Wochen unterwegs und die Erfolge können sich sehen lassen – es sind deutlich weniger Gänse hier auf dem Golfplatz. Falknerin Anita Pistor auf dem Golfpark Rittergut Birkhof